Vor 250 Jahren brach eine Karawane aus Menschen, Tieren und Träumen auf – hinaus in das Unbekannte, über Flüsse, Wüsten und Berge. Angeführt von Juan Bautista de Anza zog sie 1775 von Sonora in Mexiko bis an die Bucht von San Francisco, quer durch das Land der Tohono O’odham und weiterer indigener Völker. Es war eine Expedition, die den Südwesten Nordamerikas für immer verändern sollte – und deren Spuren bis heute im Juan Bautista de Anza National Historic Trail sichtbar sind.

Während im Osten die amerikanischen Kolonien über ihre Unabhängigkeit diskutierten, nahm im Westen eine andere Geschichte Gestalt an: die einer kulturellen Begegnung zwischen Welten, die sich zum Fundament der heutigen USA verweben sollte. In Tucson, wo damals eines der Lager der Expedition entstand, begegnet man dieser Geschichte noch heute auf Schritt und Tritt – zwischen Missionskirchen, alten Stadtmauern und der endlosen Weite der Sonora-Wüste.
Auf den Spuren der Expedition
Tucson gilt als eine der wichtigsten Stationen der damaligen Route. Hier finden sich gleich mehrere Orte, an denen sich Geschichte und Gegenwart begegnen – lebendige Erinnerungsstätten an jene Zeit, als der Südwesten noch Teil des spanischen Kolonialreichs war.
Mission San Xavier del Bac – die weiße Taube der Wüste
Die blendend weiße Barockkirche, rund 15 Kilometer südlich von Tucson auf dem Land der Tohono O’odham gelegen, ist eine der schönsten Missionen des amerikanischen Westens. Sie war 1775 Lager Nr. 17 der Expedition. Heute ist die „White Dove of the Desert“ ein spirituelles Zentrum und architektonisches Meisterwerk – mit kunstvoll bemalten Wänden, vergoldeten Altären und einer Atmosphäre, die Jahrhunderte überdauert hat. Besucher können an Führungen teilnehmen oder das angeschlossene Museum besuchen, das die Entstehungsgeschichte der Mission dokumentiert.

Pueblo de Tuquison – der Ursprung Tucsons
Nur wenige Kilometer weiter nördlich errichtete de Anzas Gruppe ihr nächstes Lager, das spätere Presidio San Agustín de Tuquison. 1776 wurde hier der Grundstein für das heutige Tucson gelegt. Heute erinnern das Presidio Museum und die rekonstruierten Lehmziegelmauern mitten in der Altstadt an diese Epoche. Historische Darstellungen, kostümierte Führungen und interaktive Ausstellungen lassen das Leben der damaligen Zeit aufleben. Wer einen Blick auf das gesamte Tal werfen möchte, steigt auf den Sentinel Peak – von den Einheimischen liebevoll „A Mountain“ genannt – und blickt über die einstige Route der Expedition.

Saguaro National Park – im Reich der Riesenkakteen
Nördlich und südlich von Tucson erstreckt sich eine der ikonischsten Landschaften der USA: der Saguaro National Park, benannt nach den majestätischen Riesenkakteen, die bis zu 200 Jahre alt werden. Hier lagerten die Expeditionsteilnehmer in den Lagern 19 und 20 – heute ein Ort, an dem die unberührte Wüste zum Naturdenkmal geworden ist. Besucher können den Park auf zahlreichen Trails erkunden, etwa dem Valley View Overlook Trail, der spektakuläre Ausblicke bietet, oder bei Nacht die funkelnde Milchstraße bestaunen – ein Erlebnis, das kaum seit den Tagen von de Anza verändert scheint.

Erinnerung, Vielfalt und kulturelles Erbe
Tucson gedenkt des 250-jährigen Jubiläums der Expedition mit einer Reihe von Veranstaltungen, die Geschichte nicht nur nacherzählen, sondern auch neu beleuchten. Zwischen Oktober 2025 und Juni 2026 finden entlang des gesamten Trails Vorträge, Ausstellungen und Gedenkveranstaltungen statt. Dabei geht es auch um die Perspektive der über 70 indigenen Völker, deren Lebensräume die Expedition einst durchquerte – und deren Nachfahren bis heute im Südwesten leben.
Ein zentraler Ort der Erinnerung ist der Anza Trail Cultural History Park in Tucson. Der inklusive Park macht Geschichte für alle Sinne erfahrbar: Kunstwerke zum Anfassen, taktile Karten, Gebärdensprache-Videos und barrierefreie Wege erzählen die Expedition aus vielen Blickwinkeln. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Zusammenarbeit mit indigenen Künstlern – etwa der eindrucksvollen Skulptur Quinton Antones, eines Künstlers der Tohono O’odham Nation.
Auch abseits der Jubiläumsfeiern lädt Tucson zum Eintauchen in Geschichte und Kultur ein. Das Arizona State Museum zeigt archäologische Funde und ethnografische Sammlungen aus Jahrtausenden, während das Tucson Museum of Art zeitgenössische und indigene Kunst vereint. Und wer die koloniale Geschichte auf eigene Faust erkunden möchte, kann dem Anza Trail auch heute noch folgen – zu Fuß, mit dem Fahrrad oder im Rahmen geführter Exkursionen.

Reisetipps Tucson & de Anza Trail
Anreise
Tucson liegt rund 180 Kilometer südöstlich von Phoenix und ist über den Tucson International Airport (TUS) direkt erreichbar. Mietwagen sind die beste Option, um die weitläufigen historischen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten der Region zu erkunden.
Beste Reisezeit
Der Herbst und der Frühling sind ideal, um Tucson und den de Anza Trail zu erleben – milde Temperaturen, klare Nächte und die leuchtenden Farben der Sonora-Wüste bieten perfekte Bedingungen für Outdoor-Aktivitäten.
Sehenswürdigkeiten & Kultur
• Mission San Xavier del Bac: barocke Pracht mitten in der Wüste
• Presidio San Agustín Museum: historische Nachstellungen im Herzen Tucsons
• Saguaro National Park: zwei Parkabschnitte mit Trails, Sonnenuntergängen und Sternenmeer
• Arizona State Museum: ältestes Anthropologiemuseum des Südwestens
• Tucson Museum of Art: Kunst, Geschichte und Kultur – Ausstellungen westlicher, lateinamerikanischer und zeitgenössischer Kunst sowie fünf historische Häuser, die Einblicke in Tucsons Vergangenheit geben
Mehr infos unter: www.visittucson.org

ℹ️ Der de Anza Trail – offiziell Juan Bautista de Anza National Historic Trail – folgt der historischen Route der spanischen Expedition von Juan Bautista de Anza aus den Jahren 1775–1776 und ist auf US-amerikanischer Seite ein offizieller National Historic Trail des US National Park Services – vergleichbar mit dem Lewis & Clark Trail. Er ist teils begehbar, teils als Straßennetz markiert und wird von Arizona bis Kalifornien durch Interpretive Panels, Denkmäler, Museen und kulturelle Einrichtungen begleitet.
Er führt vom mexikanischen San Miguel de Horcasitas im Bundesstaat Sonora, über Nogales (an der heutigen US-Grenze), durch Arizona und Kalifornien, bis zur San Francisco Bay in Nordkalifornien, wo die Expedition die spanische Siedlung gründete, aus der später die Stadt San Francisco entstand.
📍 Gesamtlänge: rund 1.900 Kilometer
📍 Beteiligte US-Bundesstaaten: Arizona und Kalifornien; außerdem Mexiko
📍 Historischer Zeitraum: 1775–1776
📍 Ziel der Expedition: die Gründung einer neuen spanischen Kolonie und die Sicherung des Einflussbereichs im damals noch unerschlossenen Alta California.
Es gibt auch die Juan Bautista de Anza National Historic Trail Auto Route, eine ausgeschilderte Autoroute, die man als Roadtrip fahren kann (von Nogales bis San Francisco, rund 1.900 km).
Weitere Orte, an denen der de Anza Trail noch sichtbar oder besonders markiert ist:
Mexiko
Der mexikanische Teil des Anza Trails beginnt im Bundesstaat Sonora, wo Juan Bautista de Anza im Jahr 1775 seine Expedition nach Kalifornien startete.
Die heutige Ruta Histórica y Turística de Anza folgt dem Río Sonora von San Miguel de Horcasitas über Orte wie Ures, Baviácora, Aconchi und Arizpe, wo Anza einst Mitreisende rekrutierte. Entlang der Route informieren neue zweisprachige Tafeln über die Geschichte der Expedition und das kulturelle Erbe der Region, das indigene, spanische und afro-lateinamerikanische Wurzeln vereint.
Besonders in Arizpe, wo Anza begraben liegt, wird sein Vermächtnis als Sohn Sonoras mit großem Stolz bewahrt – ein Symbol für die gemeinsame Geschichte Mexikos und der USA.
Arizona, USA
Neben Tucson sind auch diese Orte in Arizona eng mit der Expedition verbunden:
- Tubac Presidio State Historic Park – Startpunkt des US-Abschnitts der Expedition (südlich von Tucson). Hier startete de Anza mit über 200 Menschen in Richtung Kalifornien. Das Museum dokumentiert die Route sehr anschaulich mithilfe von Karten, Artefakten und Modellen.
- Casa Grande Ruins National Monument – ein Halt der Expedition, heute eine der ältesten archäologischen Stätten Nordamerikas.
- Yuma Crossing National Heritage Area – an der Grenze zu Kalifornien; die Gruppe überquerte hier den Colorado River, was als Meisterleistung galt.
Kalifornien, USA
In Kalifornien endet der Trail – und in keinem anderen Bundesstaat sind die Spuren so deutlich sichtbar.
1. De Anza Trail (Santa Barbara bis San Francisco Bay Area)
Der kalifornische Abschnitt ist teilweise als Wander- oder Fahrradroute ausgebaut und folgt in etwa der historischen Route der Expedition. Viele Abschnitte sind durch braune „Anza Trail“-Schilder gekennzeichnet.
2. De Anza Boulevard (San José / Cupertino / Saratoga)
Der De Anza Boulevard in der Bay Area (Highway 85 bis Cupertino) ist nach Juan Bautista de Anza benannt. Der Boulevard folgt in Teilen dem ursprünglichen Pfad, den Anza 1776 mit seiner Expedition nahm, als er in die Gegend der heutigen Santa Clara Valley Mission gelangte.
– In Cupertino befindet sich das De Anza College mit einem kleinen De Anza Trail Interpretive Center, das historische Exponate sowie ein Reliefmodell der Route zeigt.
– Auch die Mission Santa Clara de Asís (auf dem Gelände der Santa Clara University) war eines der Ziele der Expedition – hier entstand später die erste dauerhafte Siedlung der Spanier in der Region.
3. San Francisco Bay Area
– Der offizielle Endpunkt der Expedition war der de Anza Historic Overlook im heutigen Presidio of San Francisco (heute Teil des Golden Gate National Recreation Area).
Dort markiert eine Gedenktafel den Ort, an dem de Anza und seine Gruppe erstmals die Bucht sahen und beschlossen, hier eine spanische Siedlung zu gründen – das heutige San Francisco.
– Das Presidio Visitor Center widmet der Expedition eine eigene Ausstellung.
4. Monterey und Mission San Carlos Borromeo de Carmelo
Anza traf hier auf den spanischen Gouverneur von Alta Kalifornien, bevor er seine Mission fortsetzte. Die Mission in Carmel ist heute ein UNESCO-Welterbe.
