Route des Belles Histoires: Québecs vielleicht schönste Themenroute im Herbst

28. Aug. 2025 | Highlight, Kanada, Reiseberichte

Der Wind raschelt durchs frisch gefallene Laub, als hätte er etwas zu erzählen. Die Bäume leuchten in sattem Gold, irgendwo in der Ferne pfeift eine imaginäre Lokomotive. Es ist Herbst in den Quebecer Laurentiden – und der perfekte Moment, um auf der „Route des Belles Histoires“ durch Raum, Zeit und Kultur zu reisen. Die Themenstraße verläuft über weite Strecken entlang der Route 117 – einer traditionsreichen Lebensader der Laurentiden – sowie parallel zum „P’tit Train du Nord“, einer ehemaligen Eisenbahntrasse. Einst verband hier die Bahn Montreal mit dem wilden Norden – heute folgen Reisende auf Radwegen und Landstraßen den Spuren jener, die die Region vor nicht allzu langer Zeit erschlossen hatten.

Historische rote Zwillingsbrücken Ferme-Rouge in Kiamika über einem Fluss, eingebettet in grüne Landschaft.
Die überdachten Zwillingsbrücken Ferme-Rouge von 1903 in der Nähe von Rivière-Rouge, dem nördlichen Endpunkt der Routes des Belles-Histoires in den Laurentiden © GouvQc/Robert Beaudet

Wo alles beginnt – und der erste Abstecher ins Abenteuer

Die Reise beginnt in Saint-Jérôme, dem Tor zu den Laurentiden. Auf den ersten Blick wirkt die Stadt eher unscheinbar, doch hinter der neogotischen Kathedrale verbirgt sich eine der großen Geschichten der Region: François-Xavier-Antoine Labelle, genannt le curé Labelle, kämpfte im 19. Jahrhundert für die Erschließung des Nordens durch Eisenbahnlinien und für eine eigenständige frankokanadische Identität. Sein Grab liegt im Inneren der Kathedrale, sein Erbe durchzieht die gesamte Route – und sein Geist lebt in den Gleisen weiter, die einst Montreal mit Mont-Laurier verbanden.

Die Kathedrale von Saint-Jérôme ragt mit ihrem markanten Turm über die herbstlich gefärbten Bäume der Laurentiden.
Die Kathedrale von Saint-Jérôme – ein architektonisches Wahrzeichen der Laurentiden
© Wolfgang Greiner (links) / Tourisme Laurentides (rechtes Bild)

Gleich nebenan lädt das Musée d’art contemporain des Laurentides (MAC LAU) zum Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Im ehrwürdigen Gerichtsgebäude finden wechselnde Ausstellungen statt – mal laut, mal leise, aber immer im Takt der Region. Wer sich für Kultur interessiert, wird hier überrascht: von mutigen Perspektiven, lokalen Künstlern und der Ahnung, dass das Hier und Jetzt nie losgelöst vom Davor ist.

Besucher im Musée d’art contemporain des Laurentides betrachten moderne Kunstwerke in einer Ausstellung.
Ausstellung im Musée d’art contemporain des Laurentides in Saint-Jérôme © MAC LAU

Nördlich von Saint-Jérôme folgt die Route im Wesentlichen der Route 117 und dem „P’tit Train du Nord.“ Die alte Bahnstrecke, die einst als koloniales Rückgrat der Laurentiden galt, ist heute eine Fahrrad- und Wanderweg. Restaurierte Bahnhöfe, kleine Cafés und historische Tafeln säumen den Weg – und erzählen vom Fortschritt auf Schienen, vom Abenteuer Eisenbahn und von all jenen, die kamen, blieben, aufbrachen.

Radfahrer im Parc linéaire Le P’tit Train du Nord in Val-David, Laurentides.
Radfahren auf dem Parc linéaire Le P’tit Train du Nord, Val-David © GouvQc/Gaëlle Leroyer

Wem der Sinn nach frischer Luft und echter Wildnis steht, der biegt nach Osten ab – Richtung Saint-Hippolyte. Eingebettet zwischen Seen, Kiefern und flachen Bergrücken liegt die Auberge du Lac Morency, ein charmantes Hotel mit rustikalem Spa, Gourmetrestaurant und einem eigenen Zugang zum gleichnamigen See. Kanufahrten am frühen Morgen, Spa-Abende bei Kerzenschein – und ein Frühstück mit Blick auf Nebelschwaden, die wie Geschichten über das Wasser ziehen. Gleich neben dem Hotel lockt Aventures Plein Air mit dem ganzen Spektrum kanadischer Outdoor-Erlebnisse: Schneemobile und Hundeschlitten im Winter, Quads und Jeeps im Sommer, außerdem Angeln, Kajaktouren und Waldexpeditionen. Die Guides sind oft selbst in der Region verwurzelt – und man merkt: Wer hier draußen unterwegs ist, sucht nicht nur den Kick, sondern auch das Gefühl, sich selbst wieder näher zu kommen.

Blick vom Aussichtspunkt auf den Lac Morency inmitten der bunten Wälder der Laurentiden.
Panorama über den Lac Morency inmitten der Herbstfarben der Laurentiden © Auberge du Lac Morency

Zum Tagesausklang bleiben wir in der Auberge du Lac Morency. Am Kamin knistert das Feuer, draußen färbt sich der See im Licht der sinkenden Sonne. Im hauseigenen Restaurant duftet es nach Wild, Pilzen und warmem Apfelbrot. Ein Glas Wein, ein ruhiger Blick über das Wasser – und das Gefühl, am richtigen Ort zu sein.

Grüner Jeep für Offroad-Touren im Wald sowie Frau beim Canicross-Lauf mit Schlittenhund in den Laurentiden, Québec.
Abenteuer pur bei Aventures Plein Air: Mit dem Jeep durchs Gelände oder beim Canicross mit Schlittenhunden unterwegs
© Wolfgang Greiner

Val-David – Künstler, Kiefern, Käse

Bevor wir weiter nach Mont-Tremblant aufbrechen, machen wir Halt in Saint-Sauveur. Dort, am Rand der Route, liegt ein unterschätztes Kleinod: das Musée du ski des Laurentides. Was heute nostalgisch wirkt – alte Skier, Liftkarten, Skimode der 1960er – war einst revolutionär. Die erste Skischule Kanadas entstand hier, ebenso wie die erste motorisierte Skiliftanlage Nordamerikas. Im Zentrum der Ausstellung steht der legendäre Jackrabbit Johannsen, ein norwegischer Auswanderer, der dem Langlauf in Kanada zu Ruhm verhalf. „Er war ein Pionier – nicht nur auf Brettern, sondern in der Art, wie er Menschen für den Winter begeisterte“, erzählt uns die Museumsführerin.

Ausstellung im Musée du Ski des Laurentides mit historischen Skiern, Skischuhen, Winterjacken und alpiner Ausrüstung.
Die Sammlung historischer Skiausrüstung im Musée du Ski in Saint-Sauveur dokumentiert die Wintersportgeschichte Québecs
© Musée du Ski des Laurentides

Mit den ersten Sonnenstrahlen geht es weiter nach Val-David, ein Dorf, das wirkt wie ein offenes Atelier. Die Straßen sind gesäumt von Keramikwerkstätten, kleinen Galerien und Öko-Bäckereien – ein Ort, an dem Kreativität Wurzeln geschlagen hat. Seit den 1940er-Jahren zog die Abgeschiedenheit Künstlerinnen und Künstler an, die das Bild des Ortes bis heute prägen. Im Parc régional Val-David–Val-Morin führen Wanderwege durch dichte Kiefernwälder, vorbei an plätschernden Bächen und hoch zu Aussichtspunkten, die den Herbst wie ein Aquarell rahmen. Familien lieben die Picknickplätze und die sanften Wege durch das dichte Grün.

Marktstand in Val-David mit frischem Knoblauch und Blumen, Besucherin im Gespräch mit Händlerin.
Regionaler Bauernmarkt in Val-David © Tourisme Laurentides.

Auf dem Wochenmarkt – jeden Samstag von Mitte Mai bis Mitte Oktober – mischt sich der Duft von frischem Holzofenbrot mit dem von Ahornsirup und warmem Apfelkuchen. Es gibt Ziegenkäse, Honig, Wildkräuter und Croissants, für die sich sogar Menschen aus Montréal auf den Weg machen. „Hier oben sind wir weit weg von der Welt – aber genau dort, wo wir sein wollen“, sagt eine lokale Künstlerin, während sie uns ihre letzte Kreation, einen Tonkrug, zeigt.

Holzskulptur „Le Draveur“ in Val-David, Québec, zu Ehren der Holzfäller auf den Flüssen der Laurentiden.
„Le Draveur“ – Skulptur von Mathieu Patoine in Val-David, ein Denkmal für die Holzfäller-Tradition in der Region © Wolfgang Greiner

Abends kehren wir ein ins Bistro La Table des Gourmets, wo französische Bistroküche mit Zutaten aus der Region serviert wird. Danach ein Absacker im Mouton Noir Pub – lebendig, kreativ, mit Bier von hier. Übernachtet wird stilvoll im Le Petit Clocher, einem charmanten Boutique-B&B mit Blick über den Wald. Val-David ist nicht laut, nicht spektakulär – aber gerade deshalb ein Ort, an dem man zur Ruhe kommt. Und vielleicht ein wenig bei sich selbst ankommt.

Hoch über den Bäumen – Naturerlebnis mit Weitblick

Ein Stück weiter nördlich, zwischen Saint-Faustin–Lac-Carré und Mont-Blanc, lockt der Sentier des cimes Laurentides mit einem ganz anderen Blick auf die Region. Wo einst das Fischzuchtzentrum „Station piscicole de Saint-Faustin“ war, führt heute ein 1,35 Kilometer langer Holzsteg barrierefrei durch die Baumwipfel. Die interaktiven Lernstationen erzählen von Biodiversität, Klimawandel und der Geschichte der Laurentiden – unterhaltsam und informativ zugleich.

Weitläufiger Blick auf den Sentier des cimes Laurentides mit Baumwipfelpfad und Aussichtsturm, Québec.
Herbstliche Naturvielfalt und ein einmaliger Ausblick: Der Sentier des cimes in den Laurentides © Tourisme Laurentides

Am Ende des Weges erhebt sich die Krönung: ein 40 Meter hoher Aussichtsturm mit spiralförmigem Aufstieg, von dem aus man bei klarem Wetter die umliegenden Hügel, Seen und Wälder bis hin zum Mont-Tremblant überblickt. Besonders im Herbst, wenn die Laubfärbung auf dem Höhepunkt ist, wirkt das Panorama wie gemalt. Familien mit Kindern finden unterwegs Mitmachstationen, Paare genießen die Ruhe in luftiger Höhe.

Zwei Besucher springen lachend auf dem Netz des Aussichtsturms Sentier des cimes Laurentides im Regen.
Auf dem Aussichtsturm des Sentier des cimes Laurentides bei Regen – ein Erlebnis in luftiger Höhe mit Netzboden © Wolfgang Greiner

In der näheren Umgebung lohnt ein Halt in Mont-Blanc, einem charmanten Ort mit eigenem Skigebiet, Seezugang und dem Ruf, das entspanntere Gegenstück zum bekannteren Tremblant zu sein.

Radfahrerin auf einer D’Tour Biketour in Mont-Tremblant mit Blick auf die umliegenden Berge und weite Wiesen.
Biketour mit D’Tour in Mont-Tremblant – Naturerlebnis auf zwei Rädern © Wolfgang Greiner

Wer es aktiv mag, kann den Ausflug mit einer kurzen Kanutour auf dem Lac Carré verbinden oder in der Nähe eine Fatbike-Tour durch den Herbstwald buchen – die Wege rund um den Sentier sind auch dafür gut geeignet.

Zwei Personen paddeln im gelben Kanu auf einem stillen See im Parc national du Mont-Tremblant.
Kanufahren im Nationalpark © Parc national du Mont-Tremblant.

Abstecher zu Kanatha-Aki – Begegnung mit der First Nations-Kultur

Zwei Besucher genießen von einer Holzplattform im Park Kanatha-Aki den weiten Blick über Wälder und Berge in den Laurentiden.
Aussicht in Kanatha-Aki mit Blick über die endlosen Wälder der Laurentiden © Wolfgang Greiner

Wer mehr über das indigene Erbe Québecs erfahren möchte, sollte den kleinen Umweg nach Val-des-Lacs, rund 30 Minuten Fahrt östlich von Mont-Blanc, in Kauf nehmen. Dort, am Rand der bewaldeten Hügel, liegt Kanatha-Aki – ein indigen geführtes Ökotourismuszentrum der Algonquin First Nation. Hier kann man nicht nur die stille Natur auf Schneeschuhen oder zu Pferd erleben, sondern auch mehr über das spirituelle Wissen und die Lebensweise der First Nations erfahren. Besonders beeindruckend: die Begegnung mit einem der letzten amerikanischen Waldbisons im Schutzgehege – ein Projekt zur Bewahrung dieser heiligen Tiere, die einst durch die Wälder der Region zogen. Die angebotenen Erlebnisse – vom Bogenbau-Workshop bis zur zeremoniellen Schwitzhütte – sind tief in der Kultur verwurzelt und werden respektvoll vermittelt. „Wir laden die Menschen nicht ein, um zu zeigen, wie wir leben“, sagt einer der Guides. „Wir laden sie ein, um zu zeigen, was wir teilen können.“ Ein außergewöhnlicher Ort – authentisch, respektvoll und voller leiser Tiefe.

Eine Herde Bisons grast im Naturpark Kanatha-Aki zwischen Bäumen und Wiesen in den Laurentiden, Québec.
Bisons im Naturpark Kanatha-Aki, ein Symbol für die Rückkehr der nordamerikanischen Wildtiere © Wolfgang Greiner

Mont-Tremblant – Natur trifft Geschichte

Weiter geht es nordwärts entlang der Route 117 und parallel zum P’tit Train du Nord, der sich hier durch Wälder und kleine Ortschaften schlängelt. Zwischen Saint-Faustin und Mont-Tremblant lohnt ein Halt in Saint-Jovite: Das historische Ortszentrum mit seinen kleinen Läden, Cafés und der charmanten Maison des arts wirkt wie ein Vorgespräch mit dem, was Tremblant erwartet.

Kirche von Saint-Jovite zwischen herbstlichen Bäumen vor Berglandschaft.
Saint-Jovite im Herbst mit Kirche und farbenfroher Natur © Tourisme Laurentides.

In Mont-Tremblant selbst vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart, Natur und Kultur. Im Herbst liegt ein goldener Schleier über dem Land. Der Trubel der Sommersaison hat sich gelegt, aber auf den Wanderwegen und in den Cafés pulsiert das echte Leben. Der gleichnamige Nationalpark, Parc national du Mont-Tremblant, ist das älteste Schutzgebiet Québecs und bietet unzählige Möglichkeiten: Wandern, Kanutouren, Fahrradrouten – und für die Abenteuerlustigen ein Via Ferrata (Klettersteig), der spektakuläre Ausblicke auf das Tal der Diable verspricht. Die „Via Ferrata du Diable“ kann von Mitte Mai bis Oktober mit Guide begangen werden.

Frau beim Klettern auf der Via Ferrata im Parc national du Mont-Tremblant.
Abenteuer pur: Via Ferrata im Parc national du Mont-Tremblant © MALAD

Wer die Szenerie lieber aus der Vogelperspektive erlebt, bucht bei Héli-Tremblant einen Rundflug über die herbstlich gefärbte Laurentidenlandschaft. Die 20-minütige Helikoptertour startet bei rund 170 CAD pro Person – ein unvergesslicher Perspektivwechsel über Wipfel, Seen und Pisten.

Am Abend gönnen wir uns Entspannung im Scandinave Spa Mont-Tremblant, wo skandinavische Badekultur inmitten eines Ahornwalds praktiziert wird. Saunen, Dampfbäder, kalte Wasserfälle – und dazwischen: Stille. Besser als die Entspannung selbst ist nur der Blick auf die rot-goldenen Hügel um uns herum.

Blick auf den Lac Ouimet in Mont-Tremblant, umgeben von dichten Wäldern und Hügeln, gespiegelt im klaren Wasser.
Spiegelung der Wälder im Lac Ouimet bei Mont-Tremblant – ein Ort der Ruhe und Naturverbundenheit (hier im Sommer)
© Wolfgang Greiner

Übernachten kann man schließlich stilvoll im Le Grand Lodge Mont-Tremblant am etwas südlich gelegenen Lac Ouimet, das mit Blockhaus-Charme, Seeblick und großzügigen Suiten punktet. Wer es luxuriöser mag, residiert im eleganten Fairmont Tremblant, direkt an den Hängen des Ski- und Wandergebiets – inklusive Spa, Gastronomie und Blick auf den Place Saint-Bernard. Etwas preisgünstiger nächtigt man in einer der Cabins im Tremblant Nationalpark. Für Genießer empfiehlt sich ein Besuch im Restaurant sEb L’Artisan Culinaire – kreative Küche mit lokalen Zutaten, serviert mit Stolz und Passion. Oder ganz regional: Wildlachs-Burger in der Nähe des Seeufers im La Sandwicherie Café + Bistro.

Das Fairmont Tremblant Hotel im Herbst, umgeben von buntem Laub und Blick auf den See, Laurentides, Québec.
Luxus inmitten von Herbstfarben – das Fairmont Tremblant mit Blick auf den See im Herzen der Laurentiden © Fairmont Tremblant

Labelle & LaMinerve – Vom Gleis zur Geschichte

Labelle heißt nicht nur den Ort, sondern erinnert an den Kuraten Antoine Labelle – „den König des Nordens“ – dessen Vision die Eisenbahn und die Erschließung der Laurentiden möglich machten und dessen Erbe wir anfangs bereits in Saint-Jérôme begegnet sind. Das Musée ferroviaire gare de Labelle (kostenloses Museum, Juli bis Oktober geöffnet) erklärt in einer liebevoll gestalteten Ausstellung, wie die Lokomotive die Wälder öffnete, Dörfer entstehen ließ und Menschen ermöglichte, „ein neues Kanada“ zu bauen. Auch auf Jackrabbit Johannsen stoßen wir hier wieder, der seinerzeit stark die Entwicklung des Skilanglaufs beeinflusst hatte. Ihn kennen wir bereits aus dem Musée du ski des Laurentides in Saint-Sauveur.

Luftaufnahme der Montagne Verte mit ausgedehnten Wäldern in Herbstfarben am See.
Farbenspiele in den Wäldern der Laurentiden © Tourisme Laurentides.

Wer sich aktiv bewegen möchte, kann auf dem Poupart Trail (4 km) nahe La Minerve wandern, der anspruchsvollere Naturfreunde mit Panorama belohnt. Auch der Le P’tit Train du Nord begleitet uns hier weiterhin und will beradelt oder bewandert werden.

Wanderer im roten Mantel auf einem von Laub bedeckten Waldweg im Parc national du Mont-Tremblant.
Herbstwanderung durch die bunten Wälder © MALAD

Wechseln wir nach La Minerve, liegt der asphaltierte Geist der Vergangenheit bald hinter uns – hier beginnt die echte Wildnis. Das Bureau touristique La Minerve (geöffnet von Mitte Mai bis Oktober) bietet gute Tipps für Tageswanderungen und lokale Produzenten. Wer Natur spüren möchte, findet im Poupart Trail, Three Lakes Loop oder „Tour du village“ verschiedene Wanderoptionen, die vorbei an Seen, Wäldern und Aussichtspunkten führen. Für familientaugliche Abenteuer liegt die Domaine du Lac Charette nahe – mit Wildbeobachtung, Kanu- und Fahrradverleih sowie Reitangeboten. Wer bleiben will, findet charmante Unterkünfte rund um den See Lac Marie-Louise, wo Holzchalets in der Natur Ruhe versprechen – ideal, um unter dem klaren Sternenhimmel des Nordens einzuschlafen.

Rivière-Rouge & zurück – Ein letzter Blick

Am letzten Reisetag erreichen wir Rivière‑Rouge, eine Stadt, geschaffen aus den einst eigenständigen Siedlungen L’Annonciation, Sainte‑Véronique und Côte‑Marchand. Der rostrote Stahlbogen der Brücke über die Rouge ist mehr als ein Bauwerk – er symbolisiert das Ende unserer Reise und zugleich die lebendige Verbindung zu den Wurzeln der Region.

Im Parc de la Gare, direkt an der alten Station der Touristenroute, lässt sich noch einmal die Nostalgie historischer Mobilität spüren. Dort führt der Centre d’exposition de la Gare de Rivière‑Rouge zeitgenössische Ausstellungen und Community-Projekte durch – eine wunderbare Brücke von der Vergangenheit ins Heute.

Für Naturliebhaber lohnt sich eine Paddeltour: Kanu- oder Kajakfahrten auf der Rouge bieten im sanften Rhythmus des Wassers einen letzten Blick auf die Herbstlandschaft – eine Möglichkeit, die Reise im Einklang mit der Umgebung zu beenden. Besonders mutige Naturfans kommen im Winter auf Trekking- oder Huskytouren auf ihre Kosten – perfektes Finale für Outdoor-Fans.

Person paddelt im Kanu auf einem ruhigen Fluss bei Tremblant, umgeben von dichten Wäldern und Ferienhäusern.
Kanufahren entlang der Route des Belles-Histoires ist aufgrund der vielen Wasserwege immer wieder möglich und ein echtes Naturerlebnis © Wolfgang Greiner

Nur einen kurzen Abstecher entfernt liegt Kiamika, ein verstecktes Juwel für alle, die den wilden Charme Québecs noch ein letztes Mal intensiv spüren möchten. Der weitläufige Regionalpark von Kiamika lädt mit seinen klaren Seen, Inseln und Halbinseln zum Campen, Paddeln oder Wandern ein – ein Ort, an dem die Natur den Takt vorgibt und Ruhe mehr ist als ein Wort.

Rund eine Stunde von Kiamika entfernt und ein wenig abseits auf dem Chemin de la Ferme-Rouge gelegen, erzählen zwei überdachte Holzbrücken von 1903 – die Zwillingsbrücken von Ferme-Rouge – von einer längst vergangenen Epoche der Mobilität. Wie stille Zwillinge wachen sie über den Fluss und bilden mit ihrem roten Anstrich und der pittoresken Architektur ein nostalgisches Postkartenmotiv – und einen letzten Gruß aus der Geschichte dieser Region.

Historische rote Holzbrücke Pont Prud’homme über einem Fluss in den Laurentiden, Québec, mit Spiegelung im Wasser.
Traditionelle Holzbrückenbauweise am Ende der Routes des Belles-Histoires © Tourisme Laurentides

Für einen letzten Hauch Regionalgeschichte lohnt sich auf dem Rückweg ein Abstecher zum Kiosque La Camerisière in Rivière-Rouge: hier kann man ein wenig Zeit umgeben von Haselnusssträuchern verbringen, Honig- und Beerenprodukte verkosten und das Summen der Bienen spüren – ein Sinnbild der Verwurzelung dieser Region.

Und wenn die Sonne sich schließlich senkt, ziehen wir noch einmal den Schleier aus goldener Stille über den Horizont. Kein Foto – einfach verweilen. Wir lauschen dem Wind, der achtsam Geschichten flüstert: von Pionieren und Pendlern, von Pferdekutschen, die längst verstummt sind – und von uns, die wir die Fahrt über die Route „der schönen Geschichten“ mehr als genossen haben.

Mehr Infos gibt es hier: La Route des Belles-Histoires.

Zwei Angler im Boot werfen ihre Ruten im Sonnenuntergang auf einem stillen See im Parc national du Mont-Tremblant.
Die beste Zeit: Abendlicht im Herbst, am besten an einem See. Aber die Laurentiden sind eigentlich immer wunderschön!
© GouvQc/Benoît Chalifour

Mehr Roadtrip-Erlebnisse aus Québec gibt es hier nachzulesen: Auf den Spuren der Entdecker: Durch den Westen Québecs

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